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Haushaltsentwurf 2017

Rede des CDU-Fraktionsvorsitzenden Dr. Gottfried Jung

„Ein Finanzminister ist eine seltsame Personalunion aus Milchkuh, Hamster und Kettenhund.“ Ich weiß nicht, ob unser Oberbürgermeister und Finanzdezernent Hansjörg Eger dieses Zitat des italienischen Schriftstellers Carlo Franchi kennt, aber auch wenn er es nicht kennt, wird ihm, glaube ich, der Vergleich etwas sagen. Milchkuh, Hamster, Kettenhund – das sind in der Tat Rollen, in die man sich direkt versetzt sehen könnte, wenn man als Verwaltungschef die Aufgabe hat, dem Stadtrat einen zustimmungsfähigen Haushalt vorzulegen. Wir von der CDU-Stadtratsfraktion sind davon überzeugt, dass er diese Aufgabe sehr gut gelöst hat. 

 „Wir können nicht alles tun, aber wir müssen tun, was wir können.“ Dieser Satz stammt vom früheren amerikanischen Präsidenten Bill Clinton. Treffender kann man, glaube ich, die Haushaltsplanung der Stadt kaum überschreiben. Der Haushalt ist kein Wunschkonzert, obwohl wir viele gute Ideen hätten, deren Verwirklichung wir uns wünschen. Er ist maßvoll, und er versucht, das Bestmögliche für unsere Stadt und ihre Bürger herauszuholen. Deshalb wird die CDU-Stadtratsfraktion diesem Haushaltsentwurf auch zustimmen.

Rechtlich betrachtet ist der städtische Haushalt ein wesentliches Element kommunaler Selbstverwaltung. Fast wäre ich aber versucht zu sagen, dass die kommunale Selbstverwaltung im Vergleich zu dem, was der Freiherr vom Stein als Vater der kommunalen Selbstverwaltung darunter verstanden hat, nur noch ein Schatten ihrer selbst ist. Wir sind zum größten Teil fremdbestimmt, indem Bund und Land uns Aufgaben übertragen, die wir ausführen müssen. Zu einem erheblichen Teil müssen wir dann auch noch diese Aufgaben auf eigene Kosten erfüllen. Kommunale Selbstverwaltung in ihrer originären Form bestünde jedoch darin, dass die Kommunen eine angemessene Finanzausstattung bekommen und in eigener Verantwortung entscheiden, wie sie dieses Geld sinnvoll ausgeben. Davon können wir jedoch nur träumen.

Ein weiterer entscheidender Faktor kommt hinzu: Es macht einen Unterschied, in welchem Bundesland sich eine Kommune befindet. Läge Speyer nicht auf der linken Rheinseite, sondern nur wenige Kilometer entfernt auf der rechten Rheinseite, würden wir in einem Bundesland leben, in dem die Kommunen pro Kopf der Bevölkerung mit 577 Euro verschuldet sind. Auf der linken Rheinseite hingegen beträgt der Schuldenstand pro Kopf 3061 Euro. Dieser hohe Wert wird nur noch vom Saarland übertroffen!

Das kann natürlich nicht bedeuten, dass die linksrheinischen Kommunen im Gegensatz zu den rechtsrheinisch gelegenen nicht vernünftig wirtschaften können. Sondern das liegt in hohem Maß am Land Rheinland-Pfalz, weil es seine Kommunen finanziell kürzer hält als andere Bundesländer und lieber andere Schwerpunkte setzt.

Bekanntlich sind die Sozialausgaben der dickste Brocken im städtischen Haushalt. Sie sind die eigentliche Ursache für das strukturelle Defizit im Haushalt. Der Gesetzgeber verpflichtet uns, die dahinter stehenden sozialen Leistungen zu erbringen. Würden wir diese Leistungen auch bezahlt bekommen, könnten wir tiefschwarze Zahlen schreiben. Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hat die Landesregierung in einer Entscheidung aus dem Jahr 2012 dazu verpflichtet, die Finanzausgleichsmittel für die Kommunen spürbar anzuheben und insbesondere der signifikant gestiegenen Belastung der Kommunen durch Sozialausgaben Rechnung zu tragen. Was war das Ergebnis? Die Kostendeckung der kommunalen Sozialausgaben durch das Land ist von 44 % im Jahr 2013 auf lediglich 50 % im Jahr 2015 gestiegen! Nachlesen können Sie das im Kommunalbericht 2016 des Landesrechnungshofs!

Besonders dramatisch ist die Belastung durch Sozialausgaben in den kreisfreien Städten. Viel mehr als in Landgemeinden kulminieren hier soziale Probleme. Aber viel zu wenig trägt das Land vor allem den spezifischen Finanzproblemen der kreisfreien Städte Rechnung. Eines von vielen Beispielen ist die Schulsozialarbeit, die wir in Speyer vorbildlich ausgebaut haben, auf deren Kosten wir aber zum größten Teil sitzen bleiben. Ein Beispiel aus jüngster Zeit ist der Finanzausgleich für die Aufwendungen, die durch Asylbewerber entstehen. Während die Aufwendungen von kreisangehörigen Gemeinden zum Teil locker durch das Land gedeckt werden, bleibt eine kreisfreie Stadt wie Speyer etwa auf einem Drittel der Kosten sitzen! Für die Integration von Flüchtlingen erhält Rheinland-Pfalz allein für die Jahre 2016 bis 2018 vom Bund 288 Millionen Euro, aber nur ganze 96 Millionen gibt das Land an die Kommunen, die die Hauptlast tragen, weiter!

Da muss man sich wirklich wie Sisyphos vorkommen, und diesen Vergleich hat ja Oberbürgermeister Eger in seiner Haushaltsrede bemüht. Jedes Jahr strengt sich die Verwaltung aufs Neue an, um die Haushaltssituation in den Griff zu bekommen und wird doch immer wieder aufs Neue durch Einflüsse von außen zurückgeworfen.

Auch wenn wir bei den Sozialausgaben in der Regel von Pflichtaufgaben sprechen, erwarten wir aber von der Verwaltung, dass diese Pflichtaufgaben möglichst wirtschaftlich ausgeführt werden. Insoweit ist auch bei Pflichtaufgaben die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung  zu prüfen. Sicherlich gehört zum Beispiel zur sozialen Verantwortung einer Stadt eine kompetente Beratung. Nach unserer Auffassung wäre es aber an der Zeit, angesichts der in Speyer breit gefächerten Beratungsaktivitäten eine kritische Überprüfung vorzunehmen.

Die Kollegin von der Speyerer Wählergruppe hat in der letzten Stadtratssitzung angeprangert, dass die Stadt als Schulträgerin sogar den Schülern aus umliegenden Landgemeinden die Fahrtkosten in die Speyerer Schulen erstatten muss. Für uns ist das keine neue Erkenntnis. Ich beklage diese Kuriosität jedes Jahr in meiner Haushaltsrede. Sie entspricht einer gesetzlichen Vorgabe des Landes Rheinland-Pfalz. Eine Änderung ist nicht in Sicht. Oder nehmen wir die Lehrmittelfreiheit: Das Land führt sie als Wohltat ein, aber die Stadt bleibt auf einem nicht unerheblichen Teil der damit verbundenen Kosten als Schulträgerin sitzen!

Sie alle kennen – nehme ich an – den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. An diesen Film fühlte ich mich erinnert, als ich diese Haushaltsrede geschrieben habe – vielleicht mit der Abwandlung, dass ich „täglich“ durch „jährlich“ ersetze. Ich sehe mich gezwungen, jedes Jahr in meiner Haushaltsrede deutlich zu machen, wie sehr unsere Haushaltsmisere fremdbestimmt ist. Darauf hat Prof. Eichhorn auf einer Veranstaltung der Speyerer Wählergruppe kürzlich sehr zu Recht hingewiesen, wie ich der Presse entnommen habe. Deshalb fände ich es ungerecht, wenn die Finanzmisere der Stadt in erster Linie dem Oberbürgermeister angelastet würde!

Trotz ungünstiger Voraussetzungen hat er sich zusammen mit seiner Verwaltung wieder sehr ins Zeug gelegt, um zur Verbesserung der Haushaltssituation zu kommen. Die Erfolge dieser Anstrengungen sind nicht zu übersehen: Der Anstieg des Schuldenstands wurde in den letzten Jahren gebremst, Speyers Pro-Kopf-Verschuldung liegt weit unter dem Durchschnitt der kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz, und schon zweimal ist es in den letzten vier Jahren gelungen, ein positives Jahresergebnis zu erzielen und damit schwarze statt rote Zahlen zu schreiben. Ein weiteres Mal wurden schwarze Zahlen nur knapp verfehlt. Unter den kreisfreien Städten im Land ist das beispiellos!

Dass Oberbürgermeister Eger ein erfolgreich arbeitendes Controlling-System für die gesamte Verwaltung etabliert hat und weiter stärkt, hat für eine wirtschaftliche Erledigung der Verwaltungsaufgaben eine hohe Bedeutung. Hervorzuheben ist des Weiteren das Engagement des OB für einen aussagekräftigen interkommunalen Kennzahlenvergleich. Auch der ist wichtig, um besser einschätzen zu können, was wir wirtschaftlich oder weniger wirtschaftlich erledigen. Dass der OB auch Organisationsuntersuchungen in der Verwaltung durchführen lässt, mag nicht immer angenehm sein, aber es ist notwendig, denn neben den Sozialausgaben sind die Personalkosten der größte Kostenblock. All das ist ein unübersehbarer Beleg für die großen Anstrengungen des Oberbürgermeisters und Finanzdezernenten, die Haushaltssituation zu verbessern. Das ist das, was die nächste Generation von uns erwartet und das verdient Anerkennung!

Mehr und mehr verändert der Haushalt sein Gesicht. Zunehmend werden nicht nur Haushaltszahlen, sondern auch Ziele vorgegeben. Sie helfen, den Haushalt als politisches Steuerungsinstrument zu benutzen, wobei das Instrument der Zielsetzungen noch zu verbessern und auszubauen ist. Verbessert wurde ebenso die Präsentation des Haushaltsentwurfs in der Öffentlichkeit. Mit dem interaktiven Haushalt übernimmt die Stadt Speyer im Kreis der rheinland-pfälzischen Kommunen eine Vorreiterrolle, die auch bundesweit Beachtung findet. Der interaktive Haushalt ist eine Einladung an die interessierten Bürgerinnen und Bürger, sich mit eigenen Ideen einzubringen. Insoweit geht er in die Richtung eines immer wieder geforderten Bürgerhaushalts.

Auch in einer schwierigen Haushaltssituation muss Raum sein für Investitionen. Eine Stadt, die sich nicht weiterentwickelt, fällt im Städtevergleich ganz schnell zurück. Hierbei hilft uns das kommunale Investitionsprogramm der Bundesregierung, das nach Lage der Dinge verdoppelt, aber auch gestreckt werden wird. Mit finanzieller Unterstützung des Bundes werden Maßnahmen möglich, die wir allein aus eigener Kraft nicht stemmen können. Wir beantragen, das bisherige Maßnahmenprogramm, das wir beschlossen haben, zu überprüfen und an die sich abzeichnenden weitergehenden Möglichkeiten anzupassen.

Wer investiert, macht unter Umständen Schulden. Aber kein solide wirtschaftender Unternehmer wird allein auf die Schulden schauen. Er wird vielmehr gegenüberstellen, welche neuen wirtschaftlichen Werte damit geschaffen werden! Wenn die Stadtwerke zum Beispiel Darlehen aufnehmen, um Windkrafträder zu finanzieren, dann müssen auch die Einnahmen gegenübergestellt werden, die mit dieser Investition erzielt werden. Wenn man sich ernsthaft mit einem doppischen Haushalt auseinander setzt, dann kann man diese Betrachtung nicht unter den Tisch fallen lassen und darf nicht einfach nur Schulden anprangern!

Um die Einnahmen der Stadt zu verbessern, schlägt die Verwaltung eine Erhöhung der Grundsteuer vor. Sie folgt damit einer seit Jahren erhobenen Forderung der Kommunalaufsicht, die hier im Rat in letzter Zeit ja schon öfter zitiert wurde. Wir können uns auf Dauer dieser Forderung nicht verschließen. Speyer rangiert mit seinen Hebesätzen bei der Grundsteuer zusammen mit Neustadt und Zweibrücken unter den kreisfreien Städten am unteren Ende der Skala. Im bundesweiten Vergleich liegen die rheinland-pfälzischen Kommunen nicht in der Spitzengruppe. Mit der vorgeschlagenen Erhöhung wird Speyer unter den kreisfreien Städten in Rheinland-Pfalz nur geringfügig über dem Durchschnitt liegen. In den nächsten Jahren wird es dann keinen Anpassungsbedarf mehr geben.

Allerdings steht in Deutschland eine Reform der Grundsteuer bevor. Weil im Rahmen dieser Reform die Grundstückswerte erhöht werden, legen wir Wert darauf, dass im Zuge dieser Reform zur Vermeidung zusätzlicher Belastungen unsere Hebesätze überprüft werden.

Nachdem in der letzten Stadtratssitzung am Beispiel der Speyerer Schullandschaft Stadtgrenzen überschreitende Kooperationen gefordert worden waren, um Kosten regional besser zu verteilen, will ich darauf hinweisen, dass es eine ganze Reihe solcher Kooperationen bisher schon gibt – ob bei der Abfall- und Abwasserentsorgung oder bei der Stromversorgung, beim öffentlichen Personennahverkehr, beim Tourismus oder bei den Bibliotheken. Der gesamte Bezirksverband ist ein Beispiel für regionale Kooperation! Für weitere Kooperationen sind wir immer offen, aber dann sollte es konkrete Vorschläge geben und nicht bei allgemeinen Forderungen bleiben. Und alle Vorschläge sollten realistisch sein.

Immer wieder habe ich in meinen Haushaltsreden der letzten Jahre darauf hingewiesen, dass wir als Träger weiterführender Schulen finanziell für diese gerade stehen müssen, obwohl etwa die Hälfte der Schüler gar nicht aus Speyer kommt. Aber so ist nun mal die Rechtslage in Rheinland-Pfalz, und die allgemeinen Schlüsselzuweisungen des Landes an die Stadt Speyer wären eigentlich dafür da, diesen Mehraufwand zu decken. Das tun sie aber nicht. Würde sich in dieser Situation zum Beispiel der Rheinpfalz-Kreis an den Aufwendungen der Stadt Speyer für die weiterführenden Schulen im Rahmen einer gemeinsamen Trägerschaft beteiligen wollen, wie von der Wählergruppe gefordert, wäre das eine freiwillige Maßnahme, die die Kommunalaufsicht wohl kaum billigen würde.

Noch zu OB Schinellers Zeiten haben wir einen Stadtkreis Speyer gefordert. Das wäre eine vernünftige Lösung gewesen. Aber wir sind damit auf taube Ohren gestoßen. Stattdessen hat das Land die Fusion der Verbandsgemeinden Dudenhofen und Römerberg durchgesetzt. Von Stadtkreisen sind wir inzwischen weit entfernt. Eher werden wir uns in den nächsten Jahren mit der Frage einer Einkreisung Speyers auseinandersetzen müssen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass wünschenswerte strukturelle Verbesserungen, die den Haushalt deutlich entlasten, nicht absehbar sind. Dennoch verlangt Jahr für Jahr die Kommunalaufsicht in ihren Haushaltsgenehmigungen, die Stadt möge durch geeignete Maßnahmen nachweisen, wie innerhalb der kommenden fünf Haushaltsjahre ein Haushaltsausgleich zu erzielen ist und wie obendrein die abgelaufenen Jahresfehlbeträge durch Jahresüberschüsse ausgeglichen werden können. In seiner Haushaltsrede hat der Oberbürgermeister diesen Textbaustein als „fast schon blanke Ironie“ bezeichnet. Ich denke, das ist noch vornehm ausgedrückt!

Um unsere Stadt weiter nach vorn zu bringen und für die Zukunft gut aufzustellen, ist vernetztes Handeln statt Schubladendenken notwendig. 2011 hat deshalb Hansjörg Eger sein Amt mit dem Ziel angetreten, eine integrierte Stadtentwicklung zu betreiben. Auf seinem Weg dorthin ist er gut vorangekommen. Er tut damit genau das, was der Deutsche Städtetag und die Kommunalwissenschaft von den Kommunen für ihre Zukunftsplanung fordern. Stadtentwicklung hat eine ökonomische, eine ökologische, eine soziale und eine kulturelle Dimension. Integrierte Stadtentwicklungsplanung bedeutet die Suche nach einem fachlich und politisch tragfähigen Ausgleich zwischen diesen Dimensionen.

Wesentliche Bestandteile einer integrierten Stadtentwicklung sind nach meiner Auffassung die Entwicklung unserer Stadt als Wohnstandort, als Wirtschaftsstandort, die Mobilität, der Beitrag zum Klimaschutz, kulturelle Vielfalt, aber auch der Zusammenhalt der Menschen. Wir haben uns bisher eine herausragende Stellung im Wettbewerb mit anderen Städten erarbeitet. Das hat auch ein kürzlich im Auftrag des Magazins Focus erarbeiteter „Deutschlandcheck“ wieder gezeigt. Untersucht wurden die Faktoren wirtschaftliche Entwicklung, Attraktivität als Wirtschaftsstandort und Lebensqualität. Unter den kreisfreien Städten rangierten nur Koblenz und Mainz sowie ganz knapp Kaiserslautern vor Speyer! 

Aber die gute Positionierung unserer Stadt ist kein Selbstläufer. Wer sich im Wettbewerb nicht ständig weiterentwickelt, fällt irgendwann zurück. Wir können nicht ewig von dem guten Image zehren, das sich Speyer in den zurück liegenden Jahren erarbeitet hat. Deshalb war es richtig, dass Hansjörg Eger einen Stadtmarketing-Prozess angestoßen hat. Dafür braucht er die Rückendeckung des ganzen Rates. Sich darüber Gedanken zu machen, was unsere Stärken sind und wie wir uns in den nächsten Jahren positionieren wollen – das wäre für jedes vorausschauend handelnde Unternehmen eine Selbstverständlichkeit und das muss es auch für uns in Speyer sein!

Von dem Wohnraumkonzept, das die Verwaltung erarbeitet und demnächst vorlegen will, erwarten wir uns einen wichtigen Impuls für den Wohnstandort Speyer. Leider setzt uns unsere kleine Gemarkung im Gegensatz etwa zu Landau enge Grenzen. Sicherlich haben wir noch Potential mit der Schließung von Baulücken. Damit allein kann es aber nicht sein Bewenden haben. Wir brauchen neue Flächen zur Wohnbebauung, die wir vor allem auf einem Teil des Kasernengeländes, eventuell auch darüber hinausgehend, sehen. Es liegt deshalb im Interesse der Stadt, dass wir zumindest einen größeren Teil des Kasernengeländes bekommen können.

Die Schaffung von Wohnraum bedingt immer auch den Ausbau der wohnungsbezogenen Infrastruktur. Dazu gehören weitere Kindertagesstätten. Aber auch diese kosten Geld. Allein die jetzt neu in Bau gegangene Kita Seekatzstraße wird uns künftig knapp 700 000 Euro pro Jahr zusätzlich kosten.

Ebenso wie bei den Wohnbauflächen wachsen bei den Flächen zur Ansiedlung von Gewerbe in der Speyerer Gemarkung, der kleinsten unter allen kreisfreien Städten im Land, die Bäume nicht in den Himmel. Umso wichtiger ist die Bestandspflege. Der Handel arbeitet angesichts des wachsenden Online-Geschäfts unter immer schwierigeren Bedingungen. Er braucht deshalb unsere besondere Aufmerksamkeit. Viele Möglichkeiten, die sich unmittelbar in der Betriebsbilanz positiv auswirken, gibt es bei der Steigerung der Ressourceneffizienz von Unternehmen. Es wäre zu wünschen, dass sich die Wirtschaftsförderung dieses Themas annimmt. Auch der Klimaschutz ist für uns praktizierte Wirtschaftsförderung. Wenn wir Wohngebiete und Wohnquartiere energieeffizient gestalten und ausschließlich mit regenerativer Energie versorgen, dann betreiben wir Wertschöpfung in Speyer und geben unser Geld nicht an die Gazprom in Russland oder an die Ölscheichs im Nahen Osten. Wir machen Bauherren und Unternehmen unabhängig von in Zukunft immer weiter steigenden Preisen für fossile Energien, und wir verschaffen dem heimischen Handwerk Aufträge. Wir müssen endlich dazu kommen, dass in Speyer jedes Bauprojekt und jedes Quartier mit dieser Intention errichtet wird!

Das Auto gehört zu unserem täglichen Leben. Aber wir sind davon überzeugt, dass wir in Speyer die Nutzung des Verkehrsmittels Fahrrad steigern können. Unser Leitbild ist eine Fahrradstadt Speyer und das sollte ernst genommen werden! Die Überschaubarkeit der Stadt und die topografischen Gegebenheiten sprechen für ein solches Ziel. Allerdings muss dafür viel getan werden. Wenn nun bald das von der CDU-Stadtratsfraktion angestoßene Gesamtkonzept für den Fahrradverkehr vorliegt, sollten in den unmittelbar folgenden Jahren unbedingt Nägel mit Köpfen gemacht und erforderliche Investitionen zur Steigerung der Fahrradfreundlichkeit unserer Stadt im Rahmen einer Schwerpunktsetzung zügig getätigt werden. Über das Kommunale Investitionsprogramm des Bundes und die Nationale Klimaschutzinitiative stehen dafür Fördermittel zur Verfügung.

Unser klares Bekenntnis für die Stärkung des Fahrradverkehrs sehen wir eingebunden in ein übergreifendes  Mobilitätskonzept. Dazu gehört wenn irgend möglich die Verlagerung von Lastverkehr auf Schiffe, die Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs – auch durch einen zusätzlichen S-Bahn-Halt – ebenso wie die Stärkung des Carsharings und der Elektromobilität. Dazu gehören aber auch Einzelmaßnahmen wie etwa die Verbesserung des Verkehrsflusses in der Gilgenstraße. Gerade mit Blick auf die schwieriger werdende Wettbewerbssituation des Einzelhandels müssen wir darauf achten, dass in der Innenstadt genügend Parkraum zur Verfügung steht. Die Parkplatzsituation könnte dort deutlich verbessert werden, wenn sich das Amtsgericht bereiterklären würde, seinen Parkplatz nach dem Muster des Finanzamts zu öffnen und auch der Verkehrsbetrieb Mobilität außerhalb der Dienstzeiten seinen Parkplatz für die Öffentlichkeit zur Verfügung  stellen würde.

Besonders unbefriedigend sind die täglichen Staus auf der B 39 über die Rheinbrücke, zumal sie Ausweichverkehr über die Paul-Egell-Straße und den Vogelgesang zur Folge haben. Viel zu lange schon ist die Ampel auf der badischen Seite ein Verkehrshindernis, und es dauert  unseres Erachtens viel zu lang, bis die Umgestaltung des dortigen Verkehrsbereichs erfolgt!

Jede Stadt braucht eine gute Infrastruktur. Dazu gehört endlich eine bessere Nahversorgung in Speyer-Nord und im Vogelgesang. Ebenso liegt uns seit langem der Bau einer neuen Rettungswache am Herzen. Gemeinsam mit unserem Koalitionspartner engagieren wir uns  auch für eine neue Feuerwache. Die Initiative der CDU-Stadtratsfraktion, im Haushalt Ansätze für beide Vorhaben aufzunehmen, soll ein Signal dafür sein, dass nun wirklich bald mit diesen beiden Projekten begonnen wird.

Mit großer Freude nehmen wir zur Kenntnis, dass mit unserem Vorschlag, das ehemalige Schwarz-Weiß-Heim hinter der Walderholung dem Jugendstadtrat zur Verfügung zu stellen, die jahrelange Suche nach Jugendräumen in der Regie des Jugendstadtrats ihr Ende findet. Finanzmittel stehen im Haushalt bereit.

Für das Jahr 2017 erwarten wir, dass Klarheit über die Zukunft unseres Friedhofs geschaffen wird. Die Sanierung des Eingangsbereichs und der sanitären Anlage an der Wormser Landstraße steht an, vor allem aber muss klar werden, wie die Stadt Speyer sich darauf einstellt, dass sich die Begräbniskultur deutlich verändert. Die Zahl der Urnenbestattungen wächst, und der Bedarf nach kostengünstigen Begräbnismöglichkeiten einschließlich einer langfristigen Grabpflege wächst auch immer mehr. Ebenso wie andere Städte sollten wir die Idee eines Memoriam-Gartens aufgreifen.

Unsere Grünanlagen, Verkehrsinseln und auch die von uns thematisierten „Eh-da-Flächen“ sollen Schmuckstücke für das Auge sein und zugleich ökologische Ansprüche erfüllen. Hier kann noch einiges geschehen. Noch nicht zufrieden sind wir mit dem Erscheinungsbild der Rheinuferpromenade, auch wenn es Verbesserungen gegeben hat. Nachdem nun das gastronomische Angebot noch attraktiver geworden ist, brauchen wir einen neuen Anlauf, um die Gestaltung insgesamt weiterzuentwickeln.

Uns ist wichtig, dass der Russenweiher nachhaltig saniert wird. Wir erwarten, dass unsere Initiative aus dem Jahr 2015, in Abstimmung mit dem Verein der Anglerfreunde eine Variantenstudie erstellen zu lassen, im Jahr 2017 zu einem Ergebnis führt. Deshalb ist es sinnvoll, wie von uns vorgeschlagen, dass sich die Verwaltung hierfür ein Ziel setzt.

Wir hoffen sehr, dass nun auch zum Beginn des Frühjahrs 2017 der Auwald-Lehrpfad eröffnet wird, den wir angeregt und zu dessen Finanzierung wir eine 80%-Förderung durch die Umweltstiftung Rheinland-Pfalz vermittelt haben.

Sorge bereitet uns der wilde Müll, der an vielen Stellen im Stadtgebiet von bestimmten Zeitgenossen hemmungslos weggeworfen wird. Mit unserem Koalitionspartner sind wir uns einig, dass von der Verwaltung eine Anti-Littering-Strategie entwickelt werden muss. Dafür können gute Beispiele aus anderen Städten herangezogen werden. Notwendig ist es unseres Erachtens, den zurückhaltenden Einsatz von Papierkörben zu überdenken. Außerdem erinnern wir an unseren vor Jahren gestellten Antrag, die Papierkörbe – außerhalb des Bereichs der Altstadtsatzung – mit auffälligen, originellen Aufdrucken zu versehen, wie sie in vielen anderen Städten in Deutschland üblich sind.

Die CDU-Stadtratsfraktion hat viel dafür getan, dass Speyer ein markantes Profil als umweltfreundliche Stadt besitzt. Dafür steht das von uns entwickelte Leitbild „Speyer 100 % regenerativ“. Daran weiterzuarbeiten, ist schwieriger geworden, aber es gilt trotzdem, eine klare Linie zu halten. „Speyer 100 % regenerativ“ ist ein Markenzeichen, das viel von uns verlangt, das uns aber gut zu Gesicht steht.

Umweltfreundlich sein heißt, Lebensqualität zu erhalten. Zur Lebensqualität als Standortfaktor gehört nach unserem Verständnis auch der Anspruch, Gesundheitsvorsorge zu fördern. Das ist eine gesamtgesellschaftliche, aber auch eine kommunale Aufgabe. Das müssen wir uns viel stärker bewusst machen! Deshalb haben wir mit einer Stadtratsinitiative dafür gesorgt, dass in den städtischen Kitas gesundes Essen nach dem DEG-Standard ausgegeben wird. Speyer hat damit eine Vorreiterfunktion. Wir können diese weiter ausbauen, wenn es uns gelingt, mehr frisch gekochtes Essen anzubieten. Gemeinsam mit unserem Koalitionspartner werden wir hieran weiterarbeiten.

Hier könnte nun meine Haushaltsrede enden, wäre es für mich nicht eine besondere Haushaltsrede, nämlich meine 28. in ununterbrochener Reihenfolge -- und meine letzte. Deshalb erlaube ich mir, Ihre Geduld noch ein klein wenig in Anspruch zu nehmen.

Alles hat seine Zeit, und ich glaube, dass für mich die Zeit gekommen ist, mein Leben jenseits der aktiven Kommunalpolitik neu auszurichten. Vom englischen Staatsmann Sir Francis Bacon gibt es folgendes Zitat: "Bedenke, dass die Jahre vergehen und achte darauf, nicht immerfort das Gleiche zu tun." Das nehme ich mir zu Herzen.

Seit ich 1971 mein Abitur gemacht habe, bin ich politisch "Vollgas" gefahren. Zunächst habe ich mich jugendpolitisch engagiert. 1974 wurde ich im Alter von 22 Jahren für mich überraschend in den Stadtrat gewählt. Heute blicke ich auf dem Weg zum 66. Geburtstag auf unseren jüngsten und von mir überaus geschätzten Stadtratskollegen Chong Zhang. Er ist jetzt in etwa so alt, wie ich es war, als ich in den Stadtrat gewählt wurde! 1979 wurde ich stellvertretender Fraktionsvorsitzender, 1988 Fraktionsvorsitzender. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass die Kommunalpolitik jahrzehntelang mein zweiter Beruf war. Ich habe mich engagiert, weil die Demokratie nicht vom Zuschauen lebt, sondern vom Mitmachen. Und ich habe mich engagiert, weil Speyer mir am Herzen liegt. Dafür lohnt es sich, Herzblut zu opfern.

Schon früh in meinem politischen Leben habe ich mir geschworen, später einmal dann zu gehen, wann ich es für richtig halte und nicht, wenn andere glauben, dass meine Zeit gekommen ist. Ich bin sicher, dass ich jetzt den richtigen Zeitpunkt gewählt habe.

Nach so langer Zeit der Mitarbeit im Stadtrat ist es kaum möglich, „ganz“ zu gehen. Das muss ja auch nicht sein. Ich werde auch künftig Anteil nehmen an dem, was in Speyer geschieht. Aber das wird dann anders sein als bisher. Ich werde mich nun auch nicht in die Hängematte legen. Ehrenamtliches Engagement ist für mich Bürgerpflicht.

Bis zum Herbst nächsten Jahres bleibe ich noch stellvertretender Kreisvorsitzender der CDU. Sofern mir die Mitglieder des Dombauvereins weiterhin ihr Vertrauen schenken, bin ich auch in Zukunft bereit, für diesen Verein Verantwortung zu tragen. Ich werde mich  weiterhin als stellvertretender Vorsitzender der Rheinland-Pfälzischen Fujian-Gesellschaft für die deutsch-chinesische Freundschaft einsetzen. Behalten möchte ich auch den stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitz bei den Stadtwerken. Die Stadtwerke sind ein großartiges Beispiel dafür, wie innovativ und erfolgreich Kommunalwirtschaft sein kann. Und sie sind der Motor für ein klimafreundliches Speyer. Ich will mithelfen, dass dieser Motor weiter rundläuft.

Die Entwicklung Speyers als einer Stadt, in der man nicht nur zweckmäßigerweise lebt, sondern in der man sich wohl fühlt, die kinder- und familienfreundlich ist, die unsere Umwelt wertschätzt, die sich durch eine lebendige Stadtgesellschaft auszeichnet, die offen ist für das Neue, das war im Kern das, was mir in meiner Arbeit wichtig war. Und dabei mitwirken zu dürfen war für mich nicht nur eine Pflicht, sondern es war mir eine Ehre.

Alles in allem hat mir die Arbeit im Stadtrat viel Freude bereitet. Hier bin ich im Lauf vieler Jahre markanten Persönlichkeiten begegnet. Hier sind Freundschaften entstanden. Hier habe ich hitzige Debatten erlebt, bei denen es um die besten Lösungen für unsere Stadt ging. Manche Auseinandersetzung war schwierig. Aber das will ich gerne vergessen.

Der Stadtrat ist kein Parlament, wie wir es von der Bundes- oder Landesebene kennen. Nach der Gemeindeordnung ist der Stadtrat neben dem Oberbürgermeister ein weiteres Verwaltungsorgan. Deshalb haben wir alle hier im Stadtrat eine gemeinsame Verantwortung dafür, dass die Weichen für die Zukunft unserer Stadt und die Arbeit der Verwaltung richtig gestellt werden. Wir erleben gravierende gesellschaftliche Umbrüche, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen und die uns zum Teil betroffen machen. Die wahrscheinlich entscheidendste Erkenntnis daraus ist, dass wir zusammenhalten müssen statt Gräben zu ziehen. Nah bei den Menschen zu sein und Zusammenhalt zu fördern - das ist die wohl wichtigste Aufgabe des Stadtrats!

An der Spitze der Stadt gab es in den 42 Jahren, in denen ich dem Stadtrat angehöre, mit nur drei Oberbürgermeistern eine große Beständigkeit. Jeder von ihnen hat eigene Akzente gesetzt und war ein Gewinn für Speyer. Das „war“ will ich für Hansjörg Eger einschränken: Nach jetzt sechs Jahren im Amt, in denen er sich hervorragend eingearbeitet hat, wünsche ich ihm noch viele erfolgreiche weitere Jahre.

Über Parteigrenzen hinweg danke ich all den Persönlichkeiten für eine gute Zusammenarbeit, die in „meinen“ 42 Jahren politische Verantwortung getragen haben, ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, und ich danke last but not least Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Stadtrat, die Sie dieselbe Leidenschaft wie ich für Speyer teilen. Ich wünsche Ihnen bei allen Auseinandersetzungen in der Sache, die zu einer lebendigen Demokratie gehören, dass Sie gemeinsam immer die richtigen Lösungen für unsere Stadt finden. Es soll debattiert, und es darf gestritten werden. Aber es muss dann auch gehandelt und dabei wenn irgend möglich an einem Strang gezogen werden. Das ist es, was die Menschen draußen erwarten. Ich bin davon überzeugt, dass Ihnen das auch in Zukunft gelingen wird!